Guten Morgen. Ich bin früh aufgewacht heute und habe mich durch die Kommentierungen zu Sonneberg gelesen. Ich musste googeln wo genau das liegt. In Sonneberg war viel Presse unterwegs in diesen Tagen. Ein Mann sagt einem Kamerateam, dass er auch die NSDAP wählen würde. Und niemand widerspricht. Das geht von Sonneberg in die Welt. Alles Nazis da in Sonneberg. So in etwa lautet das Urteil hier in den Sozialen Medien.
Eine alte Frau sagt, es müsse sich etwas ändern, man müsse was für die Alten und Jungen tun in Sonneberg. Ich google Seniorenpolitik in Sonneberg und erfahre, dass es in Sonneberg Seniorennetzwerke, einen Seniorentreff und ein Seniorenzentrum gibt. Es gibt auch ein Zentrum für Jugendarbeit im Landkreis Sonneberg. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 3,8 Prozent.
Trotzdem gäbe es genug Potential für Frust, schreibt der MDR in seinem Kommentar. Die Glasindustrie beispielsweise, die regional große Bedeutung habe, stehe vor dem Aus. Ich google Glasindustrie Sonneberg und stoße auf die Nachricht, dass die Heinz-Glas-Gruppe im Landkreis Sonneberg „trotz großer Herausforderungen“ das Geschäftsjahr 2022 mit einem Umsatz von 430,7 Millionen Euro (plus 30 Prozent zum Vorjahr) abgeschlossen hat. Das klingt nicht nach vor dem Aus stehen.
Nirgendwo sind die Menschen so unzufrieden wie in Thüringen, sagen die Umfragen. Corona Pandemie, Ukrainekrise, Energiepreise. Das betrifft aber nicht nur Thüringen. Und tatsächlich nicht mal stärker als anderswo.
Die Tagesthemen kommentieren gar, dass mit dem „verkorksten Heizungsgesetz vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und der grünen Haltung in der Flüchtlingspolitik die Grünen der AfD zwei Steilvorlagen geliefert hätten „. Dabei stand gar kein grüner Kandidat zur Wahl. Der unterlegene CDU Kandidat spricht von der „Verbotspolitik“ aus Berlin.
Auf die anderen schimpfen ist ja eigentlich das Geschäft der AfD. Demokraten sollten sich davor hüten, dies selbst zu betreiben. Es ist in diesen Zeiten ein schmaler Grad zwischen Opposition und demokratischem Streit und dem Schüren der Wut gegen die Demokratie.
Glaubt man den Wahlparolen der AfD will Sonneberg jetzt raus aus dem Euro und die Grenzen schließen. Mit diesen Parolen hat die AfD jedenfalls Wahlkampf gemacht. Geht’s dann den Sonnebergern besser? Wohl kaum.
Die Menschen hätten eine Art Wut gespürt, ein Gefühl, dass sie nicht mehr gehört würden und nicht mehr an demokratischen Prozessen beteiligt seien, sagt die evangelische Bischöfin. Dabei hat genau diese Beteiligung doch gerade dazu geführt, dass Sonneberg jetzt einen rechtsextremen Landrat hat. Jeder kennt jetzt dessen Namen und weiß wo Sonneberg liegt. Jeder weiß, was man in Sonneberg so denkt, vermutlich hat auch jeder Einwohner des kleinen Kreises die Möglichkeit gehabt, das in irgendein Mikro zu sagen. Löst das irgendein Problem? Nein.
Darf man eigentlich sagen, dass all das zumindest mich irgendwie ratlos macht? Weil da viel Meinung transportiert wird, aber niemand eine Lösung hat? Es sind immer die gleichen Antworten und Erklärungen auf jeden neuen Erfolg der AfD. Mittlerweile schon reflexartig.
Mir fällt wieder der Satz von Bodo Ramelow ein: „Es nützt nichts Probleme zu beschimpfen, man muss sie lösen.“
Denn Beschimpfen hilft tatsächlich nur der AfD. Nicht nur in Sonneberg.
Sonneberg, Wut und AfD
