Esther Kalveram – Rede im Landtag zum Kassel Airport vom 12.05.2022

Die gesamte Rede können Sie sich hier anschauen.

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Felstehausen, Heringsdorf liegt übrigens auf Usedom und nicht auf Rügen, aber es ist ja egal, es ist alles Italien.

Zahlen sind nicht so die Stärke der AfD, aber ich muss feststellen, Herr Felstehausen, Ihre sind das heute auch nicht. Dieser Setzpunkt der AfD zeigt einmal wieder die zutiefst neoliberale Agenda der AfD – spannend, dass DIE LINKE das gerade begrüßt hat. Es geht der AfD nämlich nie um das Gemeinwohl, es geht stets um Privatisierung, es geht der AfD stets darum, staatliche Leistungen mehr und mehr zurückzufahren, sei es bei den Sozialleistungen oder wie hier bei den Investitionen des Staates in ein Infrastrukturprojekt. Es geht immer darum, zu spalten. Und noch einmal: spannend, dass DIE LINKE gerade diese Gelegenheit so gern aufgegriffen hat. Für eine Sachdebatte über den Airport Kassel gibt es zurzeit tatsächlich überhaupt keinen sachlichen Anlass. Ja, die überwiegende Zahl der deutschen Regionalflughäfen arbeitet defizitär. Die entstehenden Verluste gleicht meist der Staat aus. Aber das bedeutet nicht, dass der fiskalische, der beschäftigungspolitische und der wirtschaftspolitische Nutzen nicht ungleich höher ist als der Kapitalbedarf, auch nicht bei Kassel-Calden. Ich dachte eigentlich, so eine Diskussion gäbe es nur bei Flughäfen, und niemand käme auf die Idee, bei anderen Verkehrsinfrastrukturen, also bei Straßen oder Bahnhöfen, eine Überprüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses zu fordern. Aber selbst das hat die AfD heute Vormittag schon geschafft. Staatliche Investitionen sind Ihnen grundsätzlich suspekt. Bei Schwarz-Grün hingegen hat sich in dieser Wahlperiode die Erkenntnis oder, man hat es eben gehört, der Kompromiss durchgesetzt, dass der Flughafen jetzt vor allem Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Die ständige Diskussion, die es vorher, vor allem bei den GRÜNEN, über den Flughafen gab, schadet vor allem der Entwicklung des Flughafens. Jede Investition braucht nun einmal eines, nämlich zunächst Planungssicherheit. Entstehende Kosten hängen anders, als Sie versuchen uns weiszumachen, überhaupt nicht vom rechtlichen Status, Verkehrsflughafen oder Verkehrslandeplatz, ab, sondern ganz entschieden von der Art des Flugverkehrs, der die Vorhaltungskosten für Dienstleistungen und Infrastruktur bestimmt. So erfordert der kommerzielle Passagierluftverkehr wie in Kassel einen sensiblen Sicherheitsbereich und eine von Fluglotsen überwachte Kontrollzone. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie das alles nicht wollen, dann sagen Sie doch den Bürgerinnen und Bürgern in Kassel und Umkreis ehrlich, dass Sie nicht wollen, dass man in Kassel so, wie im Rhein-Main-Gebiet, bequem und vor Ort in den Urlaub fliegen kann. Sagen Sie ihnen doch, dass sie ihre Angehörigen in der Türkei mit einem Direktflug von Kassel aus eben nicht einfach besuchen dürfen. Seien Sie doch einmal ehrlich zu den Bürgerinnen und Bürgern; das sind Sie nämlich nicht.

Aus unserer nordhessischen Sicht ist der Flughafen neben der touristischen Nutzung wichtig für die Verknüpfung der Region mit den europäischen Wirtschaftszentren. Der Flughafen bietet und schafft Arbeitsplätze, bringt dem Land und der Region Steuereinnahmen und besitzt gute weitere Entwicklungsmöglichkeiten. Zur Minimierung negativer externer Effekte des Luftverkehrs – das können sich auch die GRÜNEN einmal anhören – kann es durchaus Sinn machen, wenn zumindest ein Teil des Verkehrs von überlasteten Zentralflughäfen auf Regionalflughäfen verlagert wird. Anders als viele andere Flughäfen ist der Airport Kassel auch gut durch die Corona-Krise gekommen, obwohl sich auch in Kassel durch die Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen Passagierverluste in Höhe von 70 bis 80 % ergeben haben.  Der Flughafen generiert – wir haben das schon gehört – zusätzlich Einnahmen durch Geschäfts- und Privatflüge und durch die Vermietung und Verpachtung von Flächen. Diese hat die Flughafen GmbH Kassel während der Pandemie sogar noch gesteigert. Das führt dazu, dass der Kassel Airport das Defizit trotz Corona Jahr für Jahr verringert. Der Jahresfehlbetrag konnte von anfangs noch 8,01 Millionen € auf prognostizierte 5,35 Millionen € im Jahr 2021 gesenkt werden. Das ist eine gute Nachricht. Die Kosten für hoheitliche Tätigkeiten konnten ebenfalls gesenkt werden. Zurzeit steigen die Passagierzahlen – das können wir sehen – wieder sehr erheblich, wie an anderen Flughäfen auch. Der seit 2019 gültige Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung – das haben wir auch schon gehört – gibt als Ziel vor, die Gesamtkosten des Landes kontinuierlich weiter bis zum Jahr 2025 auf einen Betrag von 6 Millionen € zu reduzieren. Daran arbeitet die Flughafen GmbH Kassel zurzeit kontinuierlich und sehr erfolgreich.

Wir als SPD-Fraktion würden uns dafür noch mehr Unterstützung durch Schwarz-Grün und eine sehr klare Weiterentwicklungsperspektive für den Airport wünschen. Die Potenziale, die der Flughafen unzweifelhaft hat, müssen nämlich auch konsequent ausgeschöpft werden. Da ist noch ziemlich viel Luft nach oben. Das gilt übrigens auch für diese Debatte. Hier glänzt die CDU mit absoluter Abwesenheit. Der Herr Minister ist da, aber dafür, dass das so ein wichtiges Projekt für die CDU ist, tut es mir doch ein bisschen leid, dass wir hier gerade einmal drei CDU-Abgeordnete haben. Wie es mit dem Airport Kassel weitergeht, wird der Hessische Landtag nach 2025 in einem Parlament diskutieren, in dem hoffentlich ganz nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins die AfD dann keine Rolle mehr spielt. Die SPD steht zum Airport Kassel. Den AfD-Antrag lehnen wir selbstverständlich ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.